„To-morrow is Saint Valentine’s day,
2017, Acryl und Gouache auf Karton, 66 x 48 cm
All in the morning betime,
And I a maid at your window,
To be your Valentine.
Then up he rose, and donn’d his clothes,
And dupp’d the chamber-door;
Let in the maid, that out a maid
Never departed more.“
William Shakespeare: Ophelias Gesang,
Hamlet (V. 1600–1601), IV. Aufzug, 5. Szene
14. Februar 2021 – Valentinstag
Macht Liebe wirklich blind? Oder bezeichnet man ein biochemisches Durcheinander lediglich als „Liebe“, die damit eigentlich nichts weiter ist als ein hormonell angerührter Cocktail an unwiderstehlicher Fortpflanzungssehnsucht?
Fest steht: wer sich im Zustand der Verliebtheit befindet, konzentriert sich derart auf eine Person, dass der Rest der Umgebung, und sei er unter normalen Umständen noch so attraktiv, weitgehend ausgeblendet wird. Ist das Ganze also ein von der Natur schlau entwickeltes Werkzeug um Bindungen zu stabilisieren und nur auf den ersten Blick ein bedingungsloser Diener des Lustgewinns?
Verliebtheit wird meist von einer Bewusstseinstrübung begleitet, die regelmäßig zu eklatanter Fehleinschätzung des Objektes der Zuneigung führt. Fehler des Gegenübers werden nicht zur Kenntnis genommen oder umgekehrt als besonders positive Attraktoren empfunden. Verliebtheit ist kein ewig anhaltender Zustand, sondern lediglich eine länger oder auch kürzer anhaltende Phase. Sie kann nachlassen, verschwinden oder in einer Beziehung enden.
Angesichts der Komplexität des biochemischen Vorgangs lässt sich jedenfalls vermuten, dass die Natur hier in allererster Linie mit Kanonen auf Spatzen schießt, um die Reproduktion mit Herstellergarantie sicherzustellen und nicht, um den Menschen einen großen Spaß zu bereiten. Das ist lediglich ein Nebeneffekt, den sich die Marketingdirektoren von Happy Valentine geschickt zunutze gemacht haben.
Erstaunlicherweise ist die Neurobiologie dieses Zustandes tatsächlich noch nicht besonders gut erforscht, und wenn es Forschungsergebnisse gibt, sind sie oft widersprüchlich und in jedem Fall schwer interpretierbar. Fest steht lediglich, dass Verliebte in ihrem Körperhaushalt bei den Neurotransmittern umfangreiche Veränderungen aufweisen und eine Vielzahl von Neurohormonen ausschütten.
Eine amüsante Randnotiz in diesem Zusammenhang: Die Makassar sind eine endemische Volksgruppe im südlichen Teil der indonesischen Provinz Süd-Sulawesi. Sie sprechen ihre eigene Sprache, einen austronesischen Dialekt, der sich Sprachforschern zufolge um 2500 v. Chr. entwickelt hat. Mit den benachbarten Volksgruppen haben sie nicht nur sprachlich wenig bis gar nichts gemeinsam, denn bei ihnen gilt Verliebtheit mit sämtlichen körperlich-geistigen „Nebenwirkungen“ als typische Jugendkrankheit. Betroffene Makassar sind daher fest davon überzeugt, dass man wegen dieser Zustände dringend einen Heiler aufsuchen muss, der eine Therapie dagegen weiß.