Es waren einmal vier entrüstete Politiker. Die hatten große Angst um ihren Ruf und damit letztlich um den Füllstand ihrer privaten Geldbeutel, und so verkündeten sie eines Tages dringenden Handlungsbedarf. Die Preise waren in den Jahren zuvor ausgeufert und die Menschen, die man üblicherweise der Kategorie „Mittelschicht“ zuordnet, stöhnten unter den Preisen und den ihnen aufgebürdeten Lasten, Sonderabgaben, Gebühren und so weiter. Das Vertrauen in das Finanzsystem und die staatlichen Institutionen war schwer gestört. Jetzt konnten nur noch radikale Maßnahmen Rettung bringen, und genau dazu waren die Vier finster entschlossen. Per Gesetz verordneten sie die Deckelung der Preise.
Als Rechtfertigung für ihre unerhörte Absicht zerrten sie wirklich wuchtige moralische Keulen aus ihrem politischen Schatzkästchen: es würde inzwischen „zügellose Raffgier“ um sich greifen, und offenbar habe sich „der Wucher breitgemacht“. Die ruchlosen Spekulanten hätten offenbar die „Achtung vor dem Allgemeinwohl“ verloren und daher müsse nun die Politik eingreifen, um der sogenannten Gerechtigkeit wieder zu ihrem Recht zu verhelfen.
Wer jetzt sofort schmunzelnd zu ahnen meint, diese Geschichte spiele in der deutschen Hauptstadt des frühen 21. Jahrhunderts, der irrt. Nicht etwa Unternehmen wie die „Deutsche Annington“ oder die ebenso patriotisch veranlagte „Deutsche Wohnen“ waren das Ziel dieses heiligen Zorns. Die vier moralbewussten Politiker hießen auch nicht Müller, Nägele, Scheel oder Lompscher. Es handelte sich nicht um Regierende Bürgermeister, Senatoren oder Staatssekretäre in Berlin, sondern um ausgewachsene römische Kaiser. →
Erich Schöneck
Kunst und Kommentare
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