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Keine Arme, keine Kekse.

Der Wahlkampf der politischen Eitelkeiten ist in Deutschland in vollem Gange. Unfähige Newcomer beschimpfen alteingesessene Dummköpfe als unfair und übersehen dabei ihre eigenen unnötigen Peinlichkeiten. Beleidigte Egomanen tun so, als würden sie die verhasste Konkurrenz in jeder Hinsicht unterstützen und wetzen bereits ihre ersten Messer. Durchschaubare Klugschwätzer möchten mitregieren und die amtierenden Amateure vertuschen derweil ihre offensichtliche Unfähigkeit in der weltfremden Hoffnung, dass die Menschen noch ein bisschen dümmer sind als allgemeinhin bisher angenommen und deswegen die peinliche Scharade nicht bemerken. Oder dass die Hirnleistung des umschmeichelten potenziellen Wahlvolks eine Halbwertszeit von weniger als sechzig Tagen hat und die guten Leute bis Ende September alle unnötig verursachte Unbill vergessen haben werden.

Zu diesem unheilschwangeren Anlass beschäftigen wir uns daher in dieser Woche mit Euphemismen. Der Klärung der Frage also, wie man gekonnt Scheiße schönredet und keiner es bemerkt. Wir befassen uns mit zeitgemäßen Begrifflichkeiten für einarmige Banditen, wie man mit Raffinesse und gezielten Tritten unter die Gürtellinie zur Vorneverteidigung übergeht, machen uns Gedanken über unschuldig dreinblickende Mohren und rechtschaffen darbende Behinderte. Auch wenn beide Gruppen prinzipiell nicht die geringste Schnittmenge haben.

 

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Mit beschaulichen Betrachtungen zur inhaltlichen Verwahrlosung für Fortgeschrittene verabschiede ich mich ein paar Wochen in die lang ersehnte Sommerpause.

Zur Entspannung möge bis zum Herbst ein weiteres grusliges Machwerk dienen, gewürzt mit bescheidenen Bemerkungen zur Euphemismus-Gläubigkeit der post-post-postmodernen Gesellschaft und ein launiger Dialog aus eigener Feder. Der ist fatalerweise miasmatischer als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Aber in Zeiten eines aufkochenden Wahlkampfs zum Zwanzigsten Deutschen Bundestag, der in einer Entscheidung zwischen Bredouille und Dilemma zu münden droht, ist das nun mal so. Und man darf sich in dem Diskurs ja auch gern mehrmals suhlen.

Einen schönen Sommer Ihnen allen, viel Mut und Zuversicht angesichts des drohenden Schreckgespenstes der nächsten herbeigeredeten viralen Welle und eine Empfehlung: lesen Sie Herta Müller. Den Band „Niederungen“ lege ich Ihnen besonders ans Herz. Es geht in der Tat nichts über „Das schwäbische Bad“ und „Faule Birnen“ als Lektüre im Liegestuhl an den Stränden von Saint Lucia oder Mauritius. Beides wurde von mir bereits persönlich verifiziert. Wer allerdings die gegenwärtigen Imponderabilien an den Flughäfen scheut: auf Usedom funktioniert das ebenso gut, und auch mit Blick auf den Watzmann. Und dann gibt es da noch den gleichfalls dringend anempfohlenen Einblick in Herta Müllers Vaterland, das bekanntlich ein Apfelkern war. Viel Spaß dabei und sonnige Lektüre. [weiter]

Erich Schöneck
Kunst und Kommentare

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