…and the giant turned in disbelief and looked back in amazement at the misery that had been caused in the past
…und der Riese wandte sich ungläubig und blickte verwundert zurück auf das Elend, das in der Vergangenheit angerichtet worden war

2020, Acryl und Gouache auf Holz (Ahorn), 120 x 80 cm
The Giant
The Giant

Erster Mai – Tag der Arbeit

Dysfunktionale Bürokratie

Einerseits beansprucht der Staat die totale Kontrolle über das Corona-Impfprojekt und versagt andererseits kläglich an allen Fronten. Effizienz, Intelligenz und Tempo waren noch nie die Sache von Bürokraten. Was sich im bequemen, ungefährlichen Alltag leicht und elegant mit inhaltsleeren, aber leichtverdaulichen Worten wegwischen lässt, das funktioniert in der Krise längst nicht mehr: jetzt sterben wieder Menschen wegen der planlosen Unfähigkeit des überregulierten deutschen Behördenapparats, und bei all dem kommt Berlin die Krone zu: die Deutschen haben die zweifelhafte Ehre, die zurzeit mit Abstand am schlechtesten regierte Hauptstadt Europas zu besitzen. Hier werden konsequent bei Kriminalität beide Augen zugedrückt, hier lässt man durch gekonntes Wegsehen Hausbesetzungen durch radikale staatsverachtende Chaoten zu, hier breitet sich ungehindert zugewanderte, fehlsozialisierte Clankriminalität aus, und all das zusammen führt zu einer erschreckenden Diagnose: das Land befindet sich in einem Sog von Dysfunktionalität. Wenn nicht schleunigst gegengesteuert wird, bewegt sich das Land immer weiter rasant auf den Zustand eines failed state zu.

Ein Gedankenspiel zu einer alternativen Herangehensweise

Stellen wir uns einen Augenblick lang vor, was Helmut Kohl als Kanzler heute in der sogenannten Coronakrise getan hätte. Oder meinetwegen auch Gerhard Schröder oder Willy Brandt. Um es gleich vorweg zu sagen: keinen dieser Herren wünsche ich mir zurück. Aber das Gedankenspiel mag erlaubt sein, wie die Drei – allesamt ausgewiesene Führungspersonen mit kompromisslosem Anspruch auf den alleinigen Besitz der universalen Weisheit und in dieser Charaktereigenschaft sogar vergleichbar mit dem aktuellen CDU-Kandidaten, wenngleich der qualitativ nicht einmal als Seifenspender ernsthaft in Frage kommen kann – sich wohl in der aktuellen Pandemie verhalten hätten. Hätten die Drei tatsächlich mit ihren Ministerpräsidenten darüber debattiert, ob man im Osterurlaub 2021 nach Mallorca fliegen, aber nicht an den Timmendorfer Strand fahren durfte? Hätten die nicht viel eher einen Krisenstab mit anerkannten Experten aus Medizin und Wirtschaft zusammengestellt und auf zuverlässige Macher gesetzt, von denen man davon ausgehen durfte, dass sie wussten, was sie tun und wie man einen klug durchdachten Plan anschließend effizient organisiert? Hätten die Drei nicht vielleicht ein wenig genauer hingeschaut auf das, was die EU-Kommission und deren Präsidentin in ihrer bornierten Bravade treiben und den Herrschaften sehr zeitnah konsequent und kräftig auf die Pfoten gehauen? Hätten die Drei nicht ihr Veto angesichts der teilweise abenteuerlichen Qualifikationen von EU-Politikern eingelegt? Alle Wähler mussten ohnmächtig dabei zusehen, wie eine Frau, die sich schon vorher in ihrem Job als Bundesministerin keineswegs mit Ruhm bekleckert hatte, nun nach ihrer Laieninvestitur als Kommissionspräsidentin (allein dieser bizarre Vorgang war nichts weiter als ein aus dem Zylinder der Berliner Zauberkünstlerin herausbeschworenes weißes Kaninchen) eine andere sogar im eigenen Land weitgehend unbekannte und genau wie sie selbst nur mit günstigstenfalls umstrittenen Fähigkeiten ausgestattete zypriotische Dame, dazu noch ohne viel politische Erfahrung, aber dafür mit umso mehr familiärem Filz im Rücken und ohne jeden Ansatz fachlicher Expertise zur Kommissarin für Gesundheit ernennt. Wir mussten dabei zusehen, wie dieser hilflosen Dame die alleinige, unkontrollierte Verantwortung für die Impfdosen-Beschaffung übertragen und das Zuschlagsverfahren danach sehr schnell und ohne jede Kontrolle hinter den vorgehaltenen Händen der Brüsseler Staffage zum Vorteil und in schamlosem Eigeninteresse einer Grande Nation ad absurdum geführt wurde. Und zuletzt wurden wir alle Zeugen eines unerträglichen Höhepunktes: das gesamte mit geballter Unfähigkeit und in Windeseile angezettelte Desaster wurde von der Kommission und ihrer Chefin noch nicht einmal überwacht, von deren gänzlich fehlendem Machtwort in dieser Beschaffungskrise erst gar nicht zu reden.

Ganz sicher wäre auch keiner der Drei auf die Idee gekommen, dass alle Welt selbstverständlich die eigenen nationalen Interessen begeistert beiseiteschiebt, nur weil die deutsche Politik die ganze Zeit über nichts anderes tut. Brandt, Kohl oder Schröder hätten nicht eine Sekunde gezögert, umgehend mit dem brandneugewählten POTUS zu telefonieren und ihn zu bitten, die Millionen AstraZeneca-Impfdosen, die in den Vereinigten Staaten keine Abnehmer hatten, zu uns über den großen Teich zu schicken. Aber das wäre ein bilateraler Deal gewesen, und sowas macht die aktuelle Kanzlerin ja nicht. Und so gingen diese Lieferungen damals nach Kanada und Mexiko und weitere Millionen, die ab Ende April von den USA für den Export freigegeben wurden, in alle Welt. Damit man mich nicht falsch versteht: allen Völkern gönne ich diese Dinge freilich von Herzen, aber ich glaube auch nach wie vor, dass ein paar zusätzliche unerwartete Dosen in den Hochinzidenzgebieten zwischen Arber und Lausitz ohne Zweifel im aktuellen Lieferdrama ebenfalls segensreich gewesen wären. Brand, Kohl und Schröder – sie alle schätzten ganz bestimmt genauso wie die gegenwärtige Herrin des Kanzleramtes die Qualitäten der Berliner Ministerialbürokratie. Aber keiner von den Dreien wäre auch nur einen Moment lang auf die Idee gekommen, von ihren Beamten zu verlangen, unbürokratisch zu denken.

Führung statt Führer

Hinzu kommt: mittlerweile gibt es hierzulande ganz offenbar eine Aversion gegen das Führen. Die Schreckstarre, die das Aufbegehren des bayerischen Kanzlerkandidat bei den in unfähiger Panik im Amt verklebten, obsoleten Auslaufmodellen und flachköpfigen bürgerlichen Jasagern des entscheidungsführenden Vorstandsgremiums ausgelöst hat, ist ein beredtes Beispiel dafür. Auch Richard Wagner war das Phänomen nur allzu gut bekannt: genauso geht es am Vorabend der Götterdämmerung zu. Wer die anderen nicht bei Entscheidungsfindungen mitnimmt und einbindet, wie es so schön heißt, der gilt als Autist. Oder schlimmer noch: als autoritärer Sack. Das sei überkommener Führungsstil von oben, so könne man heute nicht mehr überzeugen. Schon das Wort Führung gilt als suspekt, und der Vorwurf autoritären Auftretens ist dann ganz schnell erhoben. Denken wir doch zum Beispiel einen Moment lang an Stefan Aust, der lange Zeit Chefredakteur des SPIEGEL und danach in derselben Funktion bei der WELT tätig war. Herr Aust stand, was nachsichtiges Verständnis für die wöchentlich wechselnden Unpässlichkeiten seiner Untergebenen anging, alles andere als im besten Ruf. Er sei nicht dialogfähig und agiere selbstherrlich, hieß es über ihn. Dummerweise war er dann als Chefredakteur so erfolgreich wie keiner vor ihm, wenn man von Rudolf Augstein mal absieht. Leider war es nach ihm dann auch kein anderer mehr. Später riefen die Geschundenen beim SPIEGEL, die ihn überlebt hatten als Aust auf den Chefsessel der WELT gewechselt war, Seminare über postheroische Führung ins Leben, wo den Ressortleitern von Psychologen beigebracht werden sollte, wie man auf andere eingeht (kein von mir erfundener Witz!). Sagen wir mal ganz unschuldig so: die Auflage haben all diese Seminare nicht gesteigert.

Zwischen Führungsstil und Entscheidungsstärke existiert ein starker Zusammenhang. Das ist leider wahrhaftig, wenn man so will, die dunkle Seite der Krise. Was das Impfen angeht, liegt bis heute in der Tat eine Reihe von Staaten vorne, die an ihrer Spitze Regierungschefs haben, von denen es nicht bei allen zu Unrecht allgemein heißt, sie seien aus der Zeit gefallen: Boris Johnson zum Beispiel, der Russe, der Ungar oder auch Benjamin Netanjahu.

Es lässt sich mit einigem Recht vermuten, dass das keineswegs zufällig so ist. Diese Herren sind darauf trainiert, ihren Instinkten zu vertrauen. Es macht auf sie in aller Regel auch wenig Eindruck, wenn man ihnen sagt, dass sie sich nicht kooperativ, sondern eher wie Diktatoren verhielten. Im Zweifel sehen die das leider sogar als Kompliment, denn in ihrem Machthunger scheinen diesen Herren (dem einen mehr, dem anderen weniger) die ethischen Grundlegungen ihres Handelns abhanden gekommen zu sein. Das ist tatsächlich ein Problem. So etwas wird nämlich gern und schnell als ein zwangsläufiges und unausweichliches Resultat von Führungsstärke angesehen, so in der Art: die Dunkle Seite der Macht ist schließlich immer präsent – und deswegen hat man an dieser Stelle auch a priori Angst vor Führung.

Dass es auch anders geht, zeigte sich bereits 2020 in Neuseeland. Die dortige Premierministerin Jacinda Ardern hat genau wie die Obengenannten gleichfalls ohne viel Federlesens in der Coronakrise die Zügel in die Hand genommen statt lange herumzudebattieren. Dort sind Inzidenzen heute längst kein Thema mehr, und an dieser Frau sieht man, dass eine kluge und ethisch fundierte Führung überhaupt nichts mit irgendeiner herbeigeredeten Dunklen Seite der Macht zu tun haben muss. Genau das jedoch ist hierzulande der Goldstandard, wenn Argumente gegen das Prinzip Führung hervorgekramt werden. Da werden dann stets solche prachtvollen Beispiele wie Hitler, Bolsonaro oder Lukaschenko zitiert und sofort ist man ganz selbstverständlich mittels eines fatalen modernistischen, grünlich-grotesken Automatismus wie beim Pawlow’schen Speichelfluss von der Notwendigkeit entbunden, mit dem Denken anzufangen und sich von trivialen Vorurteilen zu trennen, die leider immer viel bequemer sind. Nicht nachdenken ist sowieso immer das Bequemste. Besonders für Politiker, wenn ihre Wähler bequem sind.

Gestalten oder Moderieren?

An der Kanzlerin haben ihre Beobachter immer gerühmt, wie einvernehmlich und inklusiv sie doch regiere. Ihre Stärke liegt allerdings tragischer weise bis heute nicht im Regieren, sondern lediglich im Moderieren und keineswegs im Gestalten. Mag sein, dass Moderation in Weltwirtschaftsforen oder bei dem absurden Versuch, 27 zerstrittene Länder auf einen einzigen Kurs einzuschwören, in gewissen Grenzen durchaus Sinn macht, besonders wenn man sich die Bockigsten (oder Gerissensten) unter den Sanierungsfällen mit der Vermittlung von Geldgeschenken gefügig machen kann. Aber macht es auch Sinn, eine Richtlinienkompetenz erst gar nicht zur Kenntnis zu nehmen und sich stattdessen lieber aus Entscheidungen herauszufabulieren?

An einem Sonntag um Ostern 2021 herum war diese politische Moderatorin in einer Talkshow zu sehen. Eine geschlagene Stunde lang konnte man da in ungläubigem Staunen eine sogenannte Regierungschefin erleben, die eindrucksvoll vorführte, wie man bei allem dabei ist, aber niemals beteiligt.

Konsens statt Verantwortung

Die verzweifelte Suche eines Menschen nach Konsens, der eigentlich dafür angeheuert wurde, den Laden zu leiten und dem man dafür sogar eine ziemlich umfassende Macht qua amte verleiht – solch eine peinliche Suche ist leider tatsächlich nur wenig mehr als eine als Fluchtweg markierte Tür von jemandem, der nicht weiterweiß. Führung setzt auch heute noch grundsätzlich voraus, dass man eine Idee hat, wohin der Weg führen soll und die ebenso feste Absicht, tatsächlich dorthin zu gehen und über den Weg nicht nur laut und unverbindlich nachzudenken. Wer sich vor jeder Entscheidung der Zustimmung der Gruppe versichert, wie der aktuelle CDU-Kanzlerkandidat aus dem Hinterzimmer selbstzufrieden verkündet, er „führe lieber im Team“ und andere nur allzu gern vorschiebt, der entbindet sich damit höchst elegant von der Pflicht, eine Richtung vorgeben zu müssen. Er folgt einfach dem lautesten Blubbern der teamvergeistigten Mehrheit. Und den hinterhältigen, infamen Rest erledigt man dann in elitärer Runde in besagtem Hinterzimmer. Wenn es schiefgeht, waren es immer die anderen und er wenigstens nicht alleine schuld. Angela Merkel hat es darüber hinaus zur Meisterschaft in einer noch schwierigeren Disziplin gebracht: sie hält sich nicht einmal für die Ergebnisse verantwortlich, die sie höchstpersönlich herbeimoderiert hat. Der aktuelle CDU-Kandidat könnte dies als Kanzler gewiss ebenso gut, denn er hat ihr lang genug fasziniert zugehört und sie kopiert, wo es nur ging. Aber bei dem stellt sich die Frage ja gottlob nicht. Wenn man die Reaktionen der sogenannten Parteibasis oder gar die Einbrüche in den Umfragen bei den Wählern auf diesen Pyrrhussieg in dem inzwischen mehrfach zitierten Hinterzimmer hin interpretiert, bleibt diesbezüglich nur sehr wenig Interpretationsspielraum.

Symmetrieerwartung

Es kann natürlich auch sein, dass die Menschheit unabhängig von dem inzwischen sechzehn Jahre währenden politischen Tanz um das Goldene Kalb immer dümmer wird und immer leichter an ausgelegten Leimruten kleben bleibt: die allgemeine Abneigung gegen Führung jeglicher Art ist schließlich mittlerweile derart weit verbreitet, dass selbst eine ausgewiesene Expertise oder anerkannte Fachkompetenz allein längst nichts mehr wert sind. Die Menschen in ihrer teaminduzierten Verblödung haben eine „Symmetrieerwartung“ – so nennt die moderne Soziologie das Phänomen, wenn man keine klaren Anweisungen mehr zu erhalten wünscht sondern es viel angemessener findet, wenn im sogenannten Team so lange um den heißen Brei herumgeschwafelt wird, bis man den Kern des Problems verloren hat, jeder aber davon überzeugt ist, einen ganz wichtigen eigenen Beitrag geleistet zu haben, und sei es die erleichterte Zustimmung zur Vertagung des Problems. Man muss ja nur aufmerksam das Output der Ministerpräsidentenkonferenzen zur Kenntnis nehmen. Ausschließlich das, was ein Team in allgemeiner, stundenlang zerredeter gleichberechtigter Übereinstimmung als schalen Kompromiss oder Vertagungsbeschluss hervorgebracht hat, gilt heute als tragfähiger Zukunftsansatz. Jede Form von Hierarchie ist viel zu gefährlich für jeden Teamfanatiker, weil die Fremdbestimmung über diesen Weg unweigerlich Raum gewänne. Wer denn von den Leuten, bitte sehr, denen seit mindestens zwei Generationen vom Augenblick der ersten Windelfüllung an von glückstrunkenen Erzeugern und näherer Umgebung unbeirrt anbetungswürdige Unität und fixsternartige Relevanz bescheinigt werden, kann noch ein faktisches Nein vertragen oder gar eine strikte Anweisung anstelle einer ergebnisoffenen ausgiebigen Diskussion? Altruistisches Gedankengut und die Bereitschaft, in selbstloser Empathie eine Sache ausschließlich den Mitmenschen zuliebe und nicht fürs eigene unmittelbare Wohlergehen anzupacken, werden dergestalt leider nur allzu folgerichtig zu Raritäten, wenn dem Nachwuchs in jahrzehntelangem Mantra eine Gehirnwäsche verpasst wurde, wonach er das Wichtigste auf der Welt ist und tun und lassen darf, was er möchte auf seiner persönlichen Welterkundungstour, solange er sich nur selbst stets dabei gut fühlt.

Autorität

Selbst mein Professor für Klinische Psychologie (damals war er noch sehr jung!), den ich kürzlich zufällig beim Münchener Feinkosthändler am Pasteten- und Trüffelstand ungeduldig wartend wiedergetroffen habe konnte nie einfach sagen, was er in seinem Fach für unabdingbar hielt und was für entbehrlich. Es gab allerdings zum Glück auch andere Kollegen damals, diejenigen, die stillschweigend für sich und ihre Umgebung voraussetzten, dass sie mehr wussten als ihre Studenten und deshalb auch die Unverfrorenheit besaßen, denen zu sagen, was sie zu tun und zu lassen und vor allen Dingen zu lernen hatten. Heutzutage ist das weitgehend out. Autorität ist längst nicht mehr selbstverständlich. Man muss sie für sich erst als billige Leihgabe im Team etablieren, und selbst dann bleibt jede Autorität ein falbes, brüchiges Eisen, denn sie wurde ja lediglich von den an der Debatte Beteiligten abgenickt und kann ebenso rasch wieder mit einem Kopfschütteln entzogen werden. Diese seltsame menschliche Verblödung, die eine Wahrheit nur noch im Konsens verorten kann, zieht sich leider durch sämtliche Berufsfelder – ausgenommen vielleicht gelegentlich den Profifußball. Von einem guten Chefarzt erwarten alle von der Oberschwester über den Assistenzarzt bis hin zum Patientenangehörigen, dass ihnen von Anfang an das Gefühl vermittelt wurde, sie seien in sämtliche Entscheidungen maßgeblich eingebunden worden. Selbst noch am Ende, wenn einer schließlich entscheiden muss, ob die lebenserhaltenden Maßnahmen abgebrochen werden sollen oder nicht, führt kein Weg an der Tagung einer Ethikkommission vorbei, in der sich alle Beschäftigten am runden Tisch treffen, um als Peer im Team darüber zu beraten, was zu tun ist und was nicht.

Hierarchie und Mitbestimmung

Unsere Gesellschaft befindet sich in der fatalen Vorstellung, dass Machtunterschiede, asymmetrische Verantwortlichkeiten und die Ungleichheit der Menschen durchweg falsch und verderblich seien. Selbst eine zu Recht fundierte Hoffnung darauf, dass sich ein gutes Argument zweifellos gegen ein schlechtes durchsetzt, trudelt heute in konstitutivem Selbstzweifel durch den gesellschaftlichen Diskurs, denn eine Bewertung von Argumenten bedeutet ja stets auch eine Hierarchisierung. Dadurch entstehen Machtgefälle, und die gilt es unter allen Umständen zu vermeiden, zumindest auf den schön projizierten, makellosen Fassaden der tausendfach kopierten Leerphrasen, die sich heute überall finden lassen, angefangen bei den Kanzleramtsentscheidungen bis hin zur Ausstattung von Asylunterkünften.

Mag ja sein, dass die moderne Gesellschaft dadurch gleicher, freier, gerechter und so weiter wird. Verlogener und komplizierter ist sie dadurch allemal längst geworden. Spätestens seit Corona sollte jeder erkannt haben: eine Führung, die keine ist, schöne Worte, die nicht zu not-wendigen Taten führen und Debatten, die in Debakeln enden, sind ein tödlicherer Weg als der, den ein anerkannter Fachmann mit fundiertem Sachverstand, bodenständiger und rechtschaffener Ethik und ausgewiesener Autorität vorgibt – leider auch gleichzeitig mit unbedingtem Anspruch darauf, dass dann die anderen ausnahmsweise mal das Maul halten und einfach das machen, was ihnen aufgegeben wurde.

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