Am grauen Strand, am grauen Meer
Und seitab liegt die Stadt;
Der Nebel drückt die Dächer schwer,
Und durch die Stille braust das Meer
Eintönig um die Stadt.

Es rauscht kein Wald, es schlägt im Mai
Kein Vogel ohn Unterlaß;
Die Wandergans mit hartem Schrei
Nur fliegt in Herbstesnacht vorbei,
Am Strande weht das Gras.

Doch hängt mein ganzes Herz an dir,
Du graue Stadt am Meer;
Der Jugend Zauber für und für
Ruht lächelnd doch auf dir, auf dir,
Du graue Stadt am Meer.
Theodor Storm: Die Stadt (1851)

2016, Öl und Acryl auf Bütten, 42 x 56 cm (in Privatbesitz)
Die graue Stadt am Meer

Theodor Storm hat hier ein sehr kritisches und speziell bei Betrachtung der dritten Strophe antithetisches Gedicht verfasst. Einerseits nennt er negative Aspekte, andererseits aber bringt er die dennoch vorhandene emotionale Verbundenheit zum Heimatort eines jeden Menschen zum Ausdruck. Schon die sachliche Überschrift „Die Stadt“ weist unmissverständlich auf den Inhalt des Gedichtes hin. Die objektive Beschreibung des Inhaltes ist geradezu typisch für den Realismus. Trotz einiger untypischer, subjektiver Empfindungen ist es für diese literarische Epoche zwischen 1848 und 1890 geradezu beispielhaft.

Die Lyriker im Realismus wollten in ihren Gedichten nicht etwas Realistisches darstellen, sondern eine poetische Welt zur Realität schaffen, die die Realität aber dennoch widerspiegelt. In „Der Bachelor“ oder bei diversen Gerichtssendungen wie „Richterin Barbara Salesch“ und in Serien wie „Frauentausch“ oder „Bauer sucht Frau“ geschieht nichts anderes.

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