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Man sagt, die Demokratie ist die schlechteste Staatsform, mit Ausnahme aller anderen.
— Winston Churchill
Die meisten Bayerischen Abiturienten, sofern sie sich mutig mit Latein bis zu den Abschlussprüfungen befasst haben, glauben ja zu wissen, dass der Verfassungskreislauf von Cicero erfunden wurde. Man übersetzt mühselig seinen Somnium Scipionis, quält sich durch die Philosophie der De Re Publica und ist am Ende froh, dass man den Wechsel der Staatsformen begriffen hat: allesamt scheinen sie unausweichlich ins Negative abzudriften, um sodann mittels Volksaufstands oder Palastrevolution in eine nachfolgende Staatsform überführt zu werden. Auch dieses neue Konzept verkommt im Laufe der Zeit genauso, wird nochmals abgelöst von etwas Neuem und immer so weiter und weiter bis ans Ende der Menschheit.
Keine Arme, keine Kekse.
Der Wahlkampf der politischen Eitelkeiten ist in Deutschland in vollem Gange. Unfähige Newcomer beschimpfen alteingesessene Dummköpfe als unfair und übersehen dabei ihre eigenen unnötigen Peinlichkeiten. Beleidigte Egomanen tun so, als würden sie die verhasste Konkurrenz in jeder Hinsicht unterstützen und wetzen bereits ihre ersten Messer. Durchschaubare Klugschwätzer möchten mitregieren und die amtierenden Amateure vertuschen derweil ihre offensichtliche Unfähigkeit in der weltfremden Hoffnung, dass die Menschen noch ein bisschen dümmer sind als allgemeinhin bisher angenommen und deswegen die peinliche Scharade nicht bemerken. Oder dass die Hirnleistung des umschmeichelten potenziellen Wahlvolks eine Halbwertszeit von weniger als sechzig Tagen hat und die guten Leute bis zum Tag der Tage alle unnötig verursachte Unbill Gottseidank vergessen haben.
Zu diesem zukunftsschwangeren Anlass beschäftigen wir uns daher in dieser Woche mit Euphemismen. Der Klärung der Frage also, wie man gekonnt Scheiße schönredet. Wir befassen uns mit zeitgemäßen Begrifflichkeiten für einarmige Banditen, wie man mit Raffinesse und gezielten Tritten unter die Gürtellinie zur Vorneverteidigung übergeht, machen uns Gedanken über unschuldige Mohren und rechtschaffene Behinderte. Auch wenn beide Gruppen prinzipiell nicht die geringste Schnittmenge haben.
Gewürzt wird dies mit bescheidenen Bemerkungen zur Euphemismus-Gläubigkeit der post-post-postmodernen Gesellschaft und einem launigen Dialog aus eigener Feder. Der ist leider giftiger als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Aber in Zeiten eines aufkochenden Wahlkampfs zum Zwanzigsten Deutschen Bundestag, der zu einer Wahl zwischen Pest und Cholera zu mutieren droht, ist das nun mal so.
Raffgier und Allgemeinwohl
Es waren einmal vier entrüstete Politiker. Die hatten große Angst um ihren Ruf und damit letztlich um den Füllstand ihrer privaten Geldbeutel, und so verkündeten sie eines Tages dringenden Handlungsbedarf. Die Preise waren in den Jahren zuvor ausgeufert und die Menschen, die man üblicherweise der Kategorie „Mittelschicht“ zuordnet, stöhnten unter den Preisen und den ihnen aufgebürdeten Lasten, Sonderabgaben, Gebühren und so weiter. Das Vertrauen in das Finanzsystem und die staatlichen Institutionen war schwer gestört. Jetzt konnten nur noch radikale Maßnahmen Rettung bringen, und genau dazu waren die Vier finster entschlossen. Per Gesetz verordneten sie die Deckelung der Preise.
Als Rechtfertigung für ihre unerhörte Absicht zerrten sie wirklich wuchtige moralische Keulen aus ihrem politischen Schatzkästchen: es würde inzwischen „zügellose Raffgier“ um sich greifen, und offenbar habe sich „der Wucher breitgemacht“. Die ruchlosen Spekulanten hätten offenbar die „Achtung vor dem Allgemeinwohl“ verloren und daher müsse nun die Politik eingreifen, um der sogenannten Gerechtigkeit wieder zu ihrem Recht zu verhelfen.Wer jetzt sofort schmunzelnd zu ahnen meint, diese Geschichte spiele in der deutschen Hauptstadt des frühen 21. Jahrhunderts, der irrt. Nicht etwa Unternehmen wie die „Deutsche Annington“ oder die ebenso patriotisch veranlagte „Deutsche Wohnen“ waren das Ziel dieses heiligen Zorns. Die vier moralbewussten Politiker hießen auch nicht Müller, Nägele, Scheel oder Lompscher. Es handelte sich nicht um Regierende Bürgermeister, Senatoren oder Staatssekretäre in Berlin, sondern um ausgewachsene römische Kaiser.
Hans mein Igel ist in der Sammlung der „Kinder- und Hausmärchen“, die Jacob und Wilhelm Grimm in der Zeit zwischen 1812 und 1858 herausgaben und die bis heute weltweit als Grimms Märchen bekannt sind, die Nummer 108.
In der Grimm‘schen Märchensammlung ist der Themenkreis um eine verwünschte Gestalt, die durch Liebe oder Zuwendung erlöst wird, durchaus häufig anzutreffen: der Froschkönig kann nur durch einen innigen Kuss erlöst werden, die liebevolle Zuneigung von Schneeweißchen und Rosenrot verhelfen dem in einen Bären verwandelten Prinzen schließlich wieder zu seiner eigentlichen Gestalt, und auch beim singenden, springenden Löweneckerchen ist es wieder die selbstlose Liebe, die endlich die Erlösung bringt.
Bei Hans mein Igel ist die Sache ein wenig komplizierter. Denn hier begegnet der Leser erstmals einer Opfer-Täter-Transition. Bei diesem Phänomen wird ein Zusammenhang von eigenen Opfererfahrungen mit späteren eigenen Gewaltausübungen beschrieben. John Bowlby hat bereits 1973 in seiner Bindungstheorie Erklärungen für diese Transitionsprozesse schlüssig formuliert. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass derartige Überlegungen sich bereits in einer Zeit finden lassen, die von den Literaturepochen der Romantik und des Biedermeier geprägt wurde und daher derartige psychosoziale Prozesse gern geflissentlich ignoriert.
Pfingsten
Natürlich weiß jedes Kind um die Bedeutung des Festes zu seinem eigenen Geburtstag. Ob jedes Kind weiß, dass an Pfingsten der Geburtstag der christlichen Kirchen gefeiert wird, bezweifle ich aber, zumal eine Kirche für Kinder in aller Regel nur ein Gebäude ist und nicht eine Gemeinschaft gläubiger Menschen. Tatsächlich hat die biblische Pfingstgeschichte ihren Platz als erste Geburtstagsfeier der Christenheit. An diesem Tag nämlich, 50 Tage nach Ostern, begaben sich die Jünger zum ersten Mal nach Jesus‘ Tod wieder in die Öffentlichkeit und berichteten anderen Menschen von ihm, seinem Leben und seiner Botschaft.
Es gelang ihnen an diesem Tag auch wirklich, die Menschen zu begeistern, die vermutlich in erster Linie eigentlich wegen des jüdischen Erntedankfestes zusammengekommen waren – nicht zuletzt, weil sich offenbar ein Sprachwunder ereignet hatte: jeder konnte jeden verstehen, egal, welche Sprache er sprach. Dieser Tag war so etwas wie der Startschuss zur Verbreitung und Akzeptanz der christlichen Lehre und des Glaubens an die göttliche Dreifaltigkeit Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Im Gegensatz zu einem immer am selben Kalendertag stattfindenden Geburtstagsfest wird Pfingsten in einer 50-Tage-Relation zu Ostern gefeiert. Da der Ostersonntag sich aber nach dem Mondjahr richtet und so jedes Jahr immer am ersten Sonntag nach dem Frühlingsvollmond gefeiert wird, der rechnerisch im gregorianischen Kalender auf den gesamten Zeitraum zwischen dem 21. März und dem 19. April fallen kann, ist natürlich zwangsläufig auch das Datum „Ostersonntag plus fünfzig“ ebenso variabel.
Staub – Feuer – Asche
Vos qui transitis, mementote, quia estis ex pulvere et in pulverem reverteritis. Ihr die Ihr vorübergeht, bedenkt, dass Ihr aus Staub seid und zum Staub zurückkehren werdet.
In vielen Kulturen gilt Asche als ein Zeichen für Schuld und Tod, aber auch für Reinigung und Klarheit. In der Bibel lassen sich Gottes Worte zu diesem Thema, an Adam gerichtet, ohne große Suche nachlesen. Adam hatte sich vorher von seiner Frau dazu überreden lassen, eine verbotene Frucht zu essen. Das hatte der naseweisen Eva wiederum kurz zuvor eine Schlange eingeredet. Seither gilt dieses Tier als die teuflische Verkörperung des Bösen und der Hinterlist. Gott ist verärgert, weil man seine ursprünglichen Anordnungen nicht befolgt hat: „Du darfst essen von allen Bäumen im Garten, aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn an dem Tage, da du von ihm isst, musst du des Todes sterben!“ (Die Bibel, Genesis 2,16f). Und so spricht Gott also nach dem sogenannten Sündenfall zu Adam: „Mit Schweiß im Angesicht wirst du dein Brot essen, bis du zurückkehrst zum Ackerboden. Von ihm bist du genommen. Denn Staub bist du, und zu Staub musst du werden“ (Die Bibel, Genesis 3,19).
Die katholische Liturgie zitiert den letzten Satz jedes Jahr am Aschermittwoch. Das Aschekreuz, mit dem die Gläubigen auf ihrer Stirn gezeichnet werden, soll an den unausweichlichen Tod und das anschließende Gericht erinnern. Es ist aber auch gleichzeitig kein Symbol für den endgültigen Tod, sondern ebenso eine Mahnung zu geistiger Umkehr, zu Reue, zu Buße. Nur so soll das ewige Leben zu haben sein. Eigentlich müsste der Pfarrer ja sagen: Gedenke, Mensch, dass du Staub bist, aber bestimmt zur Auferstehung in das ewige Leben. Diesen zweiten Teil des Textes aber verkündet die Kirche erst 46 Tage später in der Osternacht. Für die Gläubigen beginnt die Zeit des Fastens und der stillen Ein- und vielleicht auch Umkehr traditionell nämlich am Aschermittwoch und endet mit dem Karsamstag. Die Katholische Kirche aber nimmt die in diesem Zeitraum enthaltenen sechs Sonntage vom Fasten aus. Daher bleiben 40 Fastentage übrig. Die sollen daran erinnern, dass Jesus sich nach seiner Taufe ebenfalls 40 Tage lang ohne Essen und Trinken in die Wüste zurückgezogen und dort unter anderem auch verschiedenen Anfechtungen des Teufels widerstanden haben soll.
Asche ist folglich nichts anderes als durch Feuer gereinigter Staub, aus dem ja alles Irdische bestehen soll. So wie sich im antiken Griechenland daraus der sagenhafte Phönix zu neuem Leben erhebt und die Asche zurücklässt, soll auch der Mensch am Schluss, geläutert durch das Feuer des Ewigen Gerichts, mitgenommen werden in die Ewigkeit und die Asche, zu der er geworden war, hinter sich zurücklassen.
Die Eisheiligen
Zu den bekanntesten sogenannten Wetterheiligen zählen allgemeinhin die Eisheiligen, von denen einer, der erste nämlich, hauptsächlich in Norddeutschland verehrt wird. In Bayern oder Österreich dagegen wird er als Eisheiliger schlichtweg ignoriert. Das mag damit zusammenhängen, dass die nordische Kaltluft in aller Regel einen Tag länger benötigt, um sich nach Süddeutschland oder ins Salzburger Land und das Weinviertel durchzufressen.
Traditionell wurden Heilige, die zufällig an manchen für die Landwirtschaft oder sonstige gesellschaftliche Gepflogenheiten entscheidenden Tagen des Jahres ihren Namens- bzw. Gedenktag hatten (und haben), hilfesuchend als Nothelfer oder Schirmherren angerufen, um für einen günstigen Verlauf der geplanten Vorhaben zu bitten. So wurden sie zu Wetterheiligen oder Schutzpatronen. Bei Letzteren denkt der eine oder andere vielleicht automatisch an Florian von Lorch, der zu Zeiten der Christenverfolgung unter dem Römischen Kaiser Diokletian zu Tode gemartert wurde und seither als „Heiliger Sankt Florian“ das eigene Haus verschonen und „lieber andere“ anzünden soll, oder an den St. Hubertus, der sich um den erfolgreichen Verlauf der großen Herbstjagd kümmert, obwohl er eigentlich nach der Erscheinung eines Hirsches an einem Karfreitag mit dem strahlenden Kruzifix im Geweih zum ersten Tierschützer der Geschichte wurde.
Bei den Wetterheiligen aber sind es in erster Linie Mamertus, Pankratius, Servatius, Bonifatius und die „kalte“ Sophie, wenn einem die Eisheiligen in den Sinn kommen. Die wenigsten allerdings werden sie einzeln namentlich aufzählen können.
Muttertag
Löwenmut, bedingungslose Aufopferung, Selbstverleugnung und zärtliche Hingabe – das ist der Stoff, aus dem die Mutter-Mythen sind. Sie gebären, stillen, bringen jedes erdenkliche Opfer für ihren Nachwuchs und das ist viel, viel mehr als das, wozu Männer jemals auch nur im Ansatz fähig wären.
„Weil Gott nicht überall sein kann, schuf er die Mutter“, sagt ein arabisches Sprichwort. Deshalb lässt der milchsüße Duft der Babyhaut Mütter in Fürsorglichkeit und hingebungsvoller Liebe vergehen. Kein Preis ist zu hoch, keine Mühe zu schwer, kein Einsatz zu kräftezehrend, obwohl Kinder unermüdlich riesige Portionen an Zeit und Geld, Energie und Entbehrungen verschlingen. Mütter tun Dinge, die kein normaler Mensch tun würde. Und das gelingt ihnen mit einem raffinierten Trick der Natur: mit der Mutterliebe. Allerdings ist diese Mutterliebe, auch wenn sie biochemisch ausgelöst wird, weit mehr als nur ein bisschen Effekt aus dem Chemiebaukasten der Natur. Initiiert und geregelt werden Sorge, Fürsorge und Hingabe einer Mutter zwar in erster Linie über das Hormon Oxytocin. Dieses Hormon zählt ganz gewiss zu den wirksamsten Substanzen, die die Biochemie hergibt. Der Hypothalamus, die wichtigste Schaltzentrale im Gehirn der Wirbeltiere in Sachen Hormonbereitstellung, produziert den Wirkstoff, aus dem die Mutterliebe gemacht ist und gibt ihn bei Bedarf über die Hirnanhangsdrüse großzügig ins Blut ab. Und dennoch ist das Phänomen der Mutterliebe viel mehr als nur Chemie.
Failed State
Deutschland ist zum Sanierungsfall verkommen: die jahrzehntelang immer weiter und weiter in einer fatalen l’art pour l’art-Dynamik aufgeblasene, ineffektive Bürokratie steckt nach wie vor tief im Zeitalter von Blaupause und Faxgerät fest, die dringend notwendige Digitalisierung hängt meilenweit zurück, und schnelles Internet? Das ist bis heute Neuland auf dem Kanzlersessel und dem dazugehörigen bequemen Stuhlkreis, auf dem sich die Nesthocker im Kabinett seit vielen Jahren gemütlich einrichten. Unzureichende Infrastruktur in Stadt und Land, Kindertagesstätten, die in einer vollmundigen Planungsphase steckengeblieben sind und Schulen, die schneller zerfallen als die träge Ministerialbürokratie davon Kenntnis nimmt – nur ein paar Beispiele für das selbstzufriedene Siechtum, in dem das einst führende Industrieland dahindämmert und in dem sich die für diese Zustände verantwortlichen Politiker nicht einmal für ihr Generalversagen schämen, sondern mit entleertem Blick selbstgerecht weiter an ihren anachronistischen Hirngespinsten festhalten und dabei stolz auf die Verkaufszahlen der heimischen Automobilindustrie nach China verweisen. Ob sich mit dem aktuellen CDU-Kanzlerkandidaten sich dieser Sumpf trockenlegen lassen wird? Wenngleich sich diese Frage natürlich überhaupt nicht stellt…
Pandemie VI – Masern
Aktuell wütet in der Republik Kongo eine der größten Masernepidemien der Menschheitsgeschichte. Allein im Jahr 2018 verzeichnete die WHO dort rund 1,7 Millionen Neuinfektionen mit MeV, einem ausschließlich humanpathogenen Virus aus der Familie der Paramyxoviridae. Seitdem ist das zentralafrikanische Land Hochinfektionsgebiet, denn das infektiöse Geschehen breitet sich bis heute ungebremst aus.
Pandemie V – Milzbrand
Das Pentagon stuft das Anthrax-Bakterium, das für den Milzbrand bei Huftieren verantwortlich ist, dessen Erreger aber auch den Menschen befallen kann, als die gefährlichste sämtlicher auf dem Markt befindlicher Biowaffen ein. Gefährlich ist dieses Bakterium aus zwei Gründen: erstens kann es Sporen bilden, die sogar widrigsten Umweltbedingungen standhalten und auf diese Weise still lauernd Jahrzehnte in der Erde überdauern. Die Sporen keimen dann auf, wenn sie wieder in eine für sie nahrhafte Umgebung gelangen – das Gewebe oder das Blut eines Wirts zum Beispiel, das reich an Aminosäuren, Glukose und Nukleosiden ist. Und zweitens – und das ist das eigentlich Gefährliche –produziert dieses Bakterium bei seiner Vermehrung ziemlich schnell und geradezu explosionsartig einen Giftstoff, der oft innerhalb von Stunden zum Tod des Wirts führt.
Milzbrand lässt sich mit Antibiotika behandeln, allerdings nur in einem sehr frühen Stadium, bevor die Symptome eigentlich erst offenkundig werden. Versuche in den USA und in Großbritannien haben gezeigt, dass die Antibiotika wirkungslos sind, sobald die rasant einsetzende Produktion der bakteriellen Toxine über einen kritischen Wert springt. Bei Ansteckung durch Einatmen der Sporen zum Beispiel liegt die Sterblichkeitsrate ohne rechtzeitige Antibiotika-Behandlung bei mehr als 90 Prozent. Es existiert zwar ein Impfstoff, der zum Beispiel US-Soldaten im Golfkrieg aus Angst vor einer Milzbrand-Attacke verabreicht wurde, der jedoch aus Kostengründen im zivilen Bereich nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommt, etwa bei medizinisch-technischen Angestellten, die in einem Speziallabor mit dem Bakterium in Berührung kommen könnten. Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch ist übrigens nahezu ausgeschlossen.
Pandemie IV – Ebola
Wenn einem klar wird, wie tödlich Ebola ist, darf man konstatieren, dass die Welt trotz aller Unbill gegenwärtig mit der Corona-Pandemie bei gleichzeitig aktuell in unfähiger Planlosigkeit erstarrten politisch Verantwortlichen gerade noch einmal Glück gehabt hat. Nicht auszudenken was passiert wäre, wenn Händler auf dem Markt in Wuhan Ebola-Fledermäuse verkauft hätten. Denn die gibt es auch!
Richten und Retten
Ganze Generationen bayerischer Abiturienten wurden und werden mit dem Leben und Wirken eines gewissen überaus dubios agierenden Dr. Faust konfrontiert. Ich selbst hatte als Schüler noch das zähe Vergnügen, mich nicht nur ausführlich mit Der Tragödie Erstem Teil, sondern auch mit Faust II auseinandersetzen zu dürfen. Heute, wo alles vermeintlich cooler und luftiger geworden ist und der eine oder andere klare und grundlegende Gedanke nicht mehr allzu ernst genommen werden zu müssen scheint, begnügt sich selbst der bayerische Lehrplan nur noch mit einem recht kurzen Streifzug durch Faust I, gewissermaßen als Alibiveranstaltung für fundiertes klassisches Wissen. Andere Bundesländer haben in ihrer föderalen, allmählich verblödenden Selbstverwirklichung Goethe diesbezüglich bereits völlig aus dem Kollektivgedächtnis ihrer Gesellschaft gestrichen. Dabei ist die Story grundsätzlich durchaus spannend und könnte auch im neuen Jahrtausend noch dafür herhalten, den Leuten wenigstens ein Mindestmaß an moralischer Kompetenz zu vermitteln.
Abschied
Es kann ja durchaus sein, dass das Ende überhaupt kein Ende ist. Trotzdem: eine Zäsur ist der Vorgang in jeder Hinsicht. Noch ehe der fromme Wunsch, der Geist möge den Körper überleben in Erfüllung gehen kann, bleiben zunächst der Leib und seine am Ende zerrütteten Zustände eindeutig der Sieger. Das ist leider so und die Angelegenheit wird gewiss nicht besser, wenn die letzte Hoffnung sich ins Gebet vertieft. Der alte Leib triumphiert durch seine Gebrechlichkeit, der Tod wird sein allerletzter Regisseur. Allein diese vernichtende Perspektive an sich ist schon ernüchternd. Mancher aber kann sich darüber hinwegsetzen, indem er seine alten, bewährten Zauberformeln mobilisiert: die Gedanken sind frei und kennen ihren ganz persönlichen Rebellenstützpunkt, der bei jedem bis zum Schluss inkognito bleibt – sofern man die Sache halbwegs im Griff hat. Man darf sich daher getrost als Pilger zwischen den Universen begreifen. Erstens tut es gut und zweitens schadet es nicht.
Vom Deutschen Idealismus hin zum Utopischen Sozialismus
Die Weltgeisttheorie als metaphysisches Prinzip findet sich erstmals bei Schelling und wird bei Hegel zum Zentralbegriff seiner spekulativen Philosophie: die Totalität der Gesamtheit aller historischen Wirklichkeit ist der Prozess des Weltgeistes. Entlang Marx und Engels mutiert der Weltgeist bei Moses Hess schließlich zum Messianismus.
Pandemie III – AIDS/HIV
Wer sich gerne von Vorurteilen ernährt, der erzählt bis heute mit ungebrochener Überzeugung, dass AIDS eine schwule Seuche ist, die von Männern, die Männer lieben, Ende der 1980er Jahre in San Francisco erfunden wurde, weil man dort bis ins Kleinste austesten wollte, wie krass Sex sein kann, wenn man ihn als eine Art „Goldenen Schuss“ zelebriert. Diejenigen, die sich für liberal halten, erzählen die Geschichte, dass ein HIV-positiver Affe Anfang der 1980er entweder von irgendeinem sogenannten „Wilden“ aufgefressen wurde oder einen gutgläubigen Missionar gebissen hat und von da an die Seuche ihren Anfang nahm. Beides ist falsch. Der medizinische Fortschritt am Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts ist schuld.
Pandemie II – Spanische Grippe
Vor ziemlich genau einhundert Jahren starben an der Spanischen Grippe weltweit 50 Millionen Menschen – manche Schätzungen belaufen sich gar auf 100 Millionen Todesopfer, und das bei einer damaligen Weltbevölkerung von „nur“ ca. 1,8 Mrd. Menschen. In jedem Fall waren das deutlich mehr Opfer als der Erste Weltkrieg mit insgesamt 17 Millionen Toten verschlang. In der damaligen Influenza-Pandemie – die noch bis ins Jahr 2006 hinein gar als die „Mutter aller Pandemien“ bezeichnet wurde – und der aktuellen Covid19-Pandemie finden sich tatsächlich einige erschreckende Parallelen.
Pandemie I
Die Pest ist eine typische, auf dem Blutweg übertragene zoonotische Krankheit, die in erster Linie Nagetiere befällt und dort symptomlos bleibt. Menschen spielen im längerfristigen Überlebenszyklus des Pesterregers eigentlich überhaupt keine Rolle, denn die sterben daran. Für einen sicheren Transfer benötigt Yersinia pestis immer Flöhe als Zwischenwirte. Der orientalische Rattenfloh, Xenopsylla cheopis, soll der effektivste Pestüberträger sein. Mehr als 30 weitere Floharten sind nachgewiesene Pestüberträger, so auch der Menschenfloh Pulex irritans, der bei der direkten Infektion von Mensch zu Mensch sehr rasch Epidemien auslöst. Während des zweiten Weltkrieges haben die Japaner P. irritans benutzt, um Menschen in China mit der Pest zu infizieren.
Das Pestbakterium ist eine der wahrscheinlichsten Biowaffen für terroristische Angriffe. Auch wenn bei derartigen Anschlägen mit Todesopfern in einer Größenordnung von ca. 10% gerechnet werden muss, ist es dennoch bei schneller Identifizierung des Erregers und sofortiger Einleitung geeigneter antibiotischer Therapieformen sehr gut möglich, die Epidemie in kurzer Zeit zu besiegen. Da müssen die zuständigen Verantwortlichen dann aber deutlich schneller und mit mehr Verstand als in Europa zu Beginn der Coronapandemie reagieren.
Narcissus
Im Lauf der Zeit wird ein Narziss immer besser darin, andere zu manipulieren, weil er ständig neue Tricks lernt. Deshalb kommt er auch immer ungeschoren davon. Denn er tut so, als würde er den anderen lieben, obwohl er nur sich selbst liebt.
Happy Valentine
In Deutschland existiert mittlerweile wegen des seit Jahrzehnten unbeirrt und mit viel tiefenpsychologischer Raffinesse installierten Marketingbeschusses der sogenannten Verbraucher durch Blumenhändler und Kitschproduzenten eine erstaunlich breite kommerzielle Beschenkbewegung aus fadenscheinigem Anlass. Hauptsächlich werden in erster Linie Blumen an Frauen meist von Männern verschenkt oder verschickt. Offiziell dient es der Förderung von Partnerschaft, Beziehung, Freundschaft. Inoffiziell dient es in erster Linie dem Kontostand der Gefühlsduseleiverkäufer.
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